Fintechs erobern Kunden in Hochgeschwindigkeit
Fintech & Co oder gib dem Menschen mehr von dem was er will und weniger von dem was er nicht will.
Mit dieser vermeintlichen Philosophie sammeln Technologie Startups, ausgestattet mit einer Menge Risikokapital von Investoren, Kundeninformationen ein.
Definition Fintech :
Steht für moderne Technologie im Bereich der Finanzdienstleistungen und setzt sich zusammen aus financial services und technology. Im Versicherungsbereich werden sie häufig auch als InsurTech bezeichnet. Neuartige Lösungen von Anwendungssystemen, die eine Neu- oder Weiterentwicklung in den Finanzdienstleistungsbereichen darstellen
Die Idee ist einfach und schnell erklärt. Mit wenigen Klicks bekommt der interessierte trendige Kunde, meist kostenlos eine Dienstleistung über sein Smartphone, Tablet und Computer geboten.
Eine Dienstleistung kann zum Beispiel sein, dass der Nutzer alle Vertragsdaten zu seinen bestehenden Finanzprodukten verschiedener Versicherer und Versicherungssparten auf einen Blick gebündelt sehen kann. Eine schnelle und einfache Leistungsübersicht, Beitragsmodalitäten, Kündigungsfristen und sogar noch Einsparungspotenzial werden aufgezeigt.
All dies ohne „komplexe“ Gespräche mit einem Berater „der einem am Ende sowieso immer noch etwas verkaufen will, was man ursprünglich gar nicht haben wollte“. Das Budget für Werbung und mediale Präsenz, verbundene mit regelmäßige Wiederholung verführt uns ja auch in anderen Bereichen, dazu darüber nachzudenken, dass wir das Gebotene doch benötigen und eigentlich schon immer haben wollten. 😉
Fintech‘s und der trügerische Schein
Naja und da wir im Zeitalter der modernen Technologie unsere Affinität nur allzu gern ausleben möchten und keinen Trend verschlafen dürfen machen wir einfach mit. Doch was verbirgt sich eigentlich hinter diesen Fintech-Unternehmen? Ein simples Ziel: Geld verdienen. Aber wie? Die Prozesse im Hintergrund laufen weiterhin absolut „Old School“, die Arbeit machen Menschen. Gemeint sind Knip, Clark, GetSafe und Co. Fast wöchentlich erscheint derzeit eine Neue Versicherungs- oder Finanz-App und das natürlich kostenlos. Die übermittelten Vertragsdaten werden eingelesen bzw. eingetragen, bei den Versicherern des Kunden werden sogenannte Betreuungs- und Maklermandate angezeigt und die Daten auf den aktuellsten Stand abgeglichen. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde aber noch kein Geld für das Fintec-Unternehmen verdient, sondern sogar noch zusätzliche Kosten produziert, die zwingend wieder eingespielt werden müssen.
So steuert Marktführer Knip zwar auf eine dreiviertel Million Downloads zu, konnte daraus aber bislang nur rund 20.000 Kunden generieren.
„Die Idee der Anbieter sich über das Smartphone ganz nah am Kunden zu platzieren und dabei statt dem Neuabschluß die Bestandspflege zu fokussieren war ebenso trivial wie brilliant“, schwärmt Oliver Pradetto, Geschäftsführer des Maklerpools blau direkt. „Die Idee scheitert jedoch am Zugang zum Kunden. Um einen Kunden zu gewinnen investieren die Anbieter aktuell im Schnitt 1.500 Euro und das sind nur die unmittelbaren Werbungskosten. Die laufenden hohen Investitionen in Technik und Innendienstaufbau erhöhen den Bedarf an Venture-Capital zusätzlich.“ So komme man niemals auf einen grünen Zweig. Selbst wenn es gelänge der Betreuung über Apps eine allgemeine Kunden-Akzeptanz zu geben, so würden die Kosten auf diesem Weg nicht weit genug sinken können, um eine ausreichende Monetarisierung der Idee zu erreichen.
Denn die Fintec -Investoren haben wie wir alle, wenn wir eine Investition tätigen, ein Ziel: Ertrag.
Mit der Mandatsanzeige (Nutzung bzw. Anmeldung bei der App) entsteht in der Regel ein sogenannter Betreuungsvergütungsanspruch gegenüber den Versicherungen, die das Fintec- Unternehmen mit einer ganz unauffälligen Zulassung als Finanz- und Versicherungsmakler einfordern möchte.
Läuft nun alles weiter, ohne dass zusätzlicher Service bzw. Beratungsleistung geboten werden muss, ist alles fein. Hat der Kunde jedoch eine Frage, fangen die Probleme an. Der Kunde ist sich mitunter der Tragweite nicht bewusst, die er durch einfaches Klicken und einem damit verbundenen Makler- Betreuerwechsel auslöst. Was ist, wenn es z. B. fachspezifische Fragen gibt? Oder es besteht gar umfassender Beratungsbedarf, wie sieht es dann mit der fachlichen Qualifikation der Mitarbeiter des App-Betreibers aus? Welchen Wissenstand hat das Fintech-Unternehmen zur persönlichen Historie seiner nun zu betreuenden Kunden? Gibt es genügend zeitliche Beratungskapazitäten?
Der Wert des Unternehmens steigt mit der Anzahl der gesammelten Daten. Die Erfahrung zeigt, dass ab einer gewissen Bestandsgröße neue Investoren, die Interesse an den Daten haben z.B. Banken und Versicherer ab einem gewissen Volumen eine Investitionsbereitschaft für diesen Kundenbestand signalisieren – somit wandert die Geschäftsidee zu einem neuen Investor und was hat der wohl vor? Richtig, auch er will Geld verdienen.
Fintech‘s wollen Geld verdienen und haben riesigen Datenhunger
Oder glauben Sie etwa, dass allein mit den übermittelten Daten, der Einsicht in alle Vertragsinformationen z.B. über Ihren Hausrat, über ihre abgesicherten Vermögenswerte, ihre Sparleistungen in Vorsorgeversicherungen, Informationen zu ihren versicherten Fahrzeug ernsthafte Einkünfte für das Fintech-Unternehmen und dann noch für den Risikokapitalgeber entstehen?
Das funktioniert aber nur mir der klassischen Methode „Cross-Selling“, also das aktive Zugehen auf den Kunden und das unbedingte Anbieten und Verkaufen von Finanzprodukten. Genau das was der Kunde am Anfang seiner ausgelösten Euphorie nicht wollte.
Aktuelle Beispiele zeigen, dass die wie aus dem Boden schießenden Fintech‘s so schnell wie sie gekommen sind auch wieder verschwinden. Die Erfahrungen auf der „Insel“ belegen eindrucksvoll, das Geld der Risikokapitalgeber versiegt, die Unternehmen verschwinden und letztlich bleiben die Kunden auf der Strecke.
Hier zwei Links, die mehr Informationen dazu liefern:
Um eventuellen Missverständnissen vorzubeugen.
Wir befürworten alle Entwicklungen die uns das Leben erleichtern, daher bieten wir unseren betreuten Kunden selbst auch Hilfestellungen dieser Art. Jedoch sind wir der Auffassung, dass eine qualitative Betreuung in diesem Themengebiet auch eine persönliche Beziehung voraussetzt und die Basis für eine gute Zusammenarbeit bildet.
Dieser Beitrag soll lediglich eine gewisse Sensibilität auslösen, wenn gleich neue Technologien und Trends unser aller Zukunft verändern werden und unser Leben auch erleichtern können. Aber es ist immer gut, auch mal gewisse Dinge zu hinterfragen und zu prüfen was einem wirklich wichtig ist.
Für gewisse Bereiche und Geschäftsfelder bleiben der Mensch und die persönliche, vertrauensvolle Ansprache und Beratung weiterhin wertvoll.
In diesem Sinne, alles Gute
Mathias Kühnert