Rentenbezugsformen einfach erklärt
Unterschiede in den Rentenbezugsformen und Überschussverwendungen speziell bei Rentenversicherungsprodukten.
Kurze Einleitung – die muss einfach sein;-)
Das Thema Altersvorsorge wird in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Finanztest“ wieder etwas umfänglicher fokussiert, dabei wird ausführlich auf die verschiedenen Vorsorgevarianten eingegangen – zuletzt nur zum Thema Riester in der Septemberausgabe 2014 „Schon die Zulage bringt eine attraktive Rendite”.
Offensichtlich ist dieses Engagement von „Finanztest“ politisch gewollt. Gefördert, ungefördert, für sicherheitsorientierte und ertragsorientierte Vorsorgewillige die gesamte Klaviatur wird rauf und runter gespielt. Wir hatten uns diesem Thema bereits in früheren Blog Beiträgen zugewandt.
Deutschland altert, die Dauer des Rentenbezugs verlängert sich und dies mit steigender Tendenz.
Die richtigen Maßnahmen und Entscheidungen für die Vorsorge im Alter zu treffen, ist daher umso wichtiger. In unserer täglichen Arbeit beschäftigen wir uns kontinuierlich mit den qualitativen Merkmalen der Rentenversicherungslösungen am Markt.
Was nach unserem Dafürhalten auch mal wichtig ist zu wissen, erfahren Sie hier in unserem neuen Beitrag. Denn eine Rentenvorsorge besteht nicht nur aus der Investitions- und Ansparphase, sondern auch aus der Phase des Rentenbezuges, dem eigentlichen Ziel beim gefassten Vorsorgegedanken.
Über die Rentenbezugsformen nachzudenken und sich bei Abschluss eines Rentenvorsorgevertrages bewusst für eine Variante zu entscheiden, wird häufig unterlassen und in seiner Auswirkung unterschätzt. Dabei ist es ein wichtiges Kriterium. Denn die Rentenbezugsform bzw. die Überschussverwendungssysteme bestimmen den Verlauf Ihrer Rente. Kommt Ihre Rentenversicherung zur Auszahlung, wird die Garantierente konstant über die Zeit Ihres Lebens gezahlt. Die Überschüsse des Vertrages kommen hinzu und daraus bildet sich die Gesamtrente, die in unterschiedlichen Formen (Überschussverwendungssystem) gezahlt werden kann. Allein der Versicherer entscheidet, welche Formen er zu Wahl stellt und in den meisten Fällen fließt die Entscheidung bereits bei Antragstellung ein, ohne dass alle Alternativen ausreichend bedacht wurden.
Grundsätzlich unterscheidet man folgende Rentenbezugsformen / Überschussverwendungssysteme:
(Die Thematik wird nicht leichter dadurch, dass die im Wettbewerb stehenden Versicherer eigene Bezeichnungen gefunden haben. Aber anhand der Beschreibung und der Grafik können Sie zugeordnet werden.)
Konstante Rente
Bei der Form der konstanten Rente wird aus den während der gesamten Rentenbezugszeit zu erwartenden Überschüssen eine zusätzliche Rente gebildet. Würden die Überschusssätze konstant bleiben, erhält der Versicherungsnehmer eine gleichbleibende Gesamtrente über die gesamte Rentenbezugszeit. Sinken oder steigen die Überschussanteilssätze, passt der Versicherer die Gesamtrente entsprechend um die Änderungen der zusätzlichen Rente an.
Teildynamische Rente
Im Grunde ist die teildynamische Rente eine Verbindung aus der dynamischen und der konstanten Rente. Mit den zu erwartenden Überschüssen wird ein Teil nach dem Prinzip der konstanten und ein Teil nach der dynamischen Rentenform zu einer Gesamtrente gebildet. Wie bei der dynamischen Rentenform ist die aus dieser Zuteilung resultierende Rente bezogen auf das einmal erreichte Rentenniveau garantiert; jedoch der Teil aus der konstanten Rentenform stammend, kann auch fallen. Den prozentualen Steigerungssatz legt die jeweilige Versicherungsgesellschaft fest. Einige Versicherungsgesellschaften bieten auch eine wählbare Spanne hinsichtlich des Steigerungssatzes für die Rente an.
Dynamische Rente
Bei der dynamischen Rente erhalten die Versicherten zusätzlich zur garantierten Rente im Rahmen der Überschussbeteiligung eine Rente mit einer einmal jährlich für das nachfolgende Jahr festgelegten Steigerungsrate. Ist ein Rentenniveau einmal erreicht, kann dies nicht mehr abgesenkt werden, also bleibt es entweder gegenüber dem Vorjahr unverändert oder erhöht sich entsprechend des jährlich neu festgelegten Rentensteigerungssatzes.
Fallende Rente
Die fallende Rente (auf die Grafik haben wir verzichtet) hat anfänglich eine verhältnismäßig hohe Anfangsrente, wird aber über den Verlauf der Jahre merklich geringer, so dass sie am Markt keine Rolle spielt und kaum angeboten wird.
Qual der Wahl – Welche Überschussverwendungsform ist für den Rentenbezug die beste Wahl?
Die anfangs geringere Auszahlung bei der dynamischen Rente, steigt dann im Vergleich, in den weiteren Rentenbezugjahren jährlich an. Das einmal erreichte Niveau der jährlichen Rentenzahlung kann nicht mehr reduziert werden – damit ist die jeweils erreichte Rentenhöhe dauerhaft über die Bezugszeit garantiert. Bei der konstanten Rente hingegen bleibt der Auszahlungsbetrag bei unveränderten Überschusssätzen des Versicherers immer gleich hoch. Von Beginn an ist dieser höher als bei der dynamischen Rente, dafür erhält man aber keine Steigerung im Rentenverlauf. Die Kombination aus dem konstanten und dynamischen Rentenbezugsystem ist, wie zuvor beschrieben, als teildynamische Rente zu verstehen und bietet höhere Anfangsrenten und geringere Steigerungen. Grundsätzlich kann man sagen, dass das System der dynamische Rentenform sich eher für Versicherungsnehmer eigent, die mit einer langen Rentenbezugsdauer rechnen, hingegen sich die konstante und teildynamische Rente eher an Verbraucher richtet, die von vergleichsweise kürzeren Rentenbezugszeiten ausgehen. Genau an jene künftigen Rentner, die lieber früher mehr aus dem Rententopf für sich beanspruchen möchten.
Für welche Überschussverwendungsform man sich letztendlich entscheidet, ist bestimmt auch eine Mentalitätsfrage oder Einschätzung bezüglich der eigene Lebenserwartung, zumindest wenn man die Optionen und die sich daraus ergebenden Unterschiede bewerten möchte. Das meinen wir mit der Qual der Wahl.
Wir würden uns wünschen, dass eine breite Auswahl an Versicherern dementsprechende Produkte für ihre Kunden anbieten, in erster Linie zu Gunsten der Flexibilität, bei denen erst zum Rentenbeginn die Entscheidung für die auszuwählende Rentenform möglich ist. Derzeit ist es aktuell noch so, dass sich der Kunde bei fast allen Anbietern schon bei Antragsunterzeichnung entscheiden muss, welches Überschussverwendungssystem er einmal in Anspruch nehmen möchte. In Gesprächen mit Versicherern regen wir regelmäßig kundenfreundlichere Lösungen an. Motto: Steter Tropfen höhlt den Stein. 😉
Gefahr beim „Onlinevergleich“
Nun noch eine spannende Information für alle, die sich dem „ich brauche keine Beratung – ich vergleiche selbst“ verschrieben haben (z.B. im anonymen Onlinevergleich gebotenen und so genannten Vergleichsprogrammen). Achtung! Die zuvor beschriebenen Informationen setzten voraus, dass man die Überschusssysteme der gewählten Produkte gegenüberstellen und abwägen kann. Die Vergleichsprogramme stellen jedoch regelmäßig in ihren Ergebnislisten nicht vergleichbare Überschusssysteme gegenüber. Dadurch erscheinen einige Angebote attraktiver als andere, da oft nur der Erstjahreswert der Gesamtrente abgebildet wird.
Deshalb ist es auch wichtig, beim Vergleich die Überschusssysteme zu berücksichtigen – naja und diese auch unterscheiden zu können. Im Übrigen oft auch eine Herausforderung bei Berufskollegen, wenn man sich den einen oder anderen Vorsorgevertrag anschaut, den uns ein neuer Mandant in unsere Betreuung mit Maklermandat übergibt.
Guten Start ins Wochenende
Mathias Kühnert